Luoyang - Tradition inmitten chinesischer Armut

"IN THE END WE ONLY REGRET THE CHANCES WE DIDN' T TAKE."

Ich kann gerade gar nicht fassen wie schnell die Zeit schon wieder vergeht... Auch Luoyang liegt nun hinter uns und wir sind an unserem letzten Ziel der Chinatour, nämlich Peking, angekommen. Ganz ehrlich war Luoyang jetzt kein Highlight auf unserer Asienreise, aber wer sich zum Einen für traditionelle buddhistische Kultur interessiert (, auch wenn es alles ziemlich touristisch ist) und zum Anderen mal eine ganz typische chinesische Stadt, keine Metropole mit dem ganzen Schnick-Schnack besuchen möchte, ist hier genau richtig aufgehoben. 

 

Leider haben wir bei diesem Stopp auch relativ viel Zeit im Hostel verbringen müssen, weil Ilka direkt in der ersten Nacht ziemlich krank geworden ist... Zum Glück hat sie sich jedoch ziemlich schnell wieder erholt, sodass wir wenigstens am zweiten und dritten Tag etwas Sightseeing machen konnten. Insgesamt haben wir es aber eher langsam angehen lassen, weil unsere nächsten beiden Ziele, Peking und Tokio, voraussichtlich ziemlich anstrengend werden und wir dafür natürlich unbedingt fit sein wollen!!! 

 

Auch hatten wir Glück, dass unser Hostelzimmer groß, war und sogar recht gemütlich war, da wir praktisch den ersten Abend und den gesamten ersten Tag ausschließlich im Zimmer verbracht haben und ich Ilka nur kurz alleingelassen habe, um Essen zu holen. Der Hostelbesitzer war mal wieder sehr nett und konnte auch perfekt Englisch sprechen und hat uns sehr geholfen, indem er uns am ersten Abend Pizza bestellt hat und am nächsten Morgen mehrere Bäckereien eingezeichnet hat, die möglichweise geöffnet wären... Die Tatsache, dass momentan „Chinesisches Neujahr“ ist und Feiertage sind, hat es uns manchmal echt schwer gemacht einen geöffneten Supermarkt oder vor allem eine geöffnete Bäckerei zu finden. In Großstädten ist dies normalerweise kein Problem, aber in Luoyang sieht das Ganze schon anders aus, obwohl im Zentrum sogar 1,9 Mio. Menschen und in der gesamten Stadt über 6,5 Mio. Menschen leben. Eine so große Stadt gibt es nicht einmal in Deutschland und trotzdem fühlt man sich eher so als wäre man in einer Kleinstadt gelandet... Nach einem bisschen Rumlaufen habe ich dann aber schließlich doch noch einen funktionierenden ATM und eine geöffnete Bäckerei gefunden. Also muss man einfach nur ein bisschen mehr Geduld mitbringen ;)... 

 

An jedem der beiden anderen Tage haben wir uns jeweils eine Hauptattraktion vorgenommen... Am ersten „richtigen“ Tag ging es für uns zu den „Longmen Grotten“, die sogar ein UNESCO Weltkulturerbe sind. Die Grotten befinden sich auf beiden Seiten des Flusses „Yi“, wobei die Grotten auf der Westseite die deutlich schöneren „Kunstwerke“ beherbergen. Diese Grotten sind nämlich für ihr alte, chinesische, buddhistische Kunst bekannt, weil man dort ungefähr 100.000 in den Fels gemeißelte Buddhastatuen (oder buddha-ähnliche Statuen) betrachten kann. Manche der Kunstwerke sind wirklich extrem groß und da stellt man sich schon die Frage, wie man so etwas um das Jahr 500 n.Chr. errichten hat können?! Vor allem muss man ja bedenken, dass die Figuren mitten in der Felswand, d.h. manchmal auch ziemlich weit oben anzutreffen waren! Da möchte man sich gar nicht vorstellen wie viele Menschen beim Bau doch umgekommen sein müssen... 

Auch mit dem Wetter hatten wir an diesem Tag mal wieder großes Glück: purer Sonnenschein!!! So sind wir späten Nachmittag hin noch in die Altstadt gefahren, haben uns einen Teil der ehemaligen Stadtmauer bzw. die ehemaligen Stadttore anschauen können und sind dann noch durch die Gassen der Altstadt gebummelt. „Bummeln“ kann man das jedoch nicht wirklich nennen, denn es war eher ein „Vorwärtsschieben“! Sowohl bei den Grotten, als auch in der Altstadt (als auch am nächsten Tag im „Shaolin Tempel“) waren viel zu viele Menschen unterwegs... Dadurch ging das Traditionelle echt verloren und es hat sich nur noch nach Tourismus pur angefühlt – überall entweder Essens- oder Souvenirstände und dazwischen eine riesige Menschenmasse und insgesamt einfach nur laut und chaotisch!!! Aber wahrscheinlich waren das die einzigen Hotspots, die auch zu den Feiertagen geöffnet waren...

Der „Shaolin Tempel“ war doch weiter entfernt als wir vermutet hatten... Mit dem Bus haben wir fast 2 Stunden gebraucht, was aber auch an dem vielen Stau gelegen hat! Apropos Bus: Über Verkehr in China habe ich ja schon einmal ausführlich berichtet, aber hier in Luoyang wurde das Ganze einfach noch einmal übertroffen und sowohl als Fußgänger, als auch als Fahrgast hat man gefühlt immer mal wieder „Nahtoderfahrungen“!!! Schon das Taxi, das uns bei der Ankunft am Bahnhof zum Hostel gebracht hat, hat ungelogen fast 3mal auf einer 20minütigen Fahrt einen Unfall gebaut, weil er sich zum Beispiel auf der Geradeausspur eingeordnet hat und dann plötzlich links abgebogen ist etc... Spuren, Ampeln und vor allem Fußgänger werden gar nicht wahrgenommen!!! Nur wenn ein Polizist altmodisch in der Kreuzungsmitte steht, klappt es halbwegs ;)... Und der Bus, mit dem wir zum Tempel gefahren sind, ist gefühlt fast auseinandergefallen – aber was will man schon für erwarten, wenn man für eine zweistündige Busfahrt 2,50€ bezahlt?! 

 

Den „Shaolin Tempel“ darf man sich jetzt jedoch nicht wie einen einzigen Tempel vorstellen, sondern es ist ein riesiges Naturgebiet, in dem sich eine Kung-Fu-Schule, ein Pagodenwald, unterschiedliche kleine Tempel, mehrere „Naturphänomene“ wie eine berühmte Steilwand und natürlich der Tempel selbst befinden. Zu den Naturphänomenen sind wir nicht hochgefahren, weil Ilka der Seilbahnkonstruktion nicht vertraut hat... Aber alleine im unteren Areal haben wir über 3 Stunden verbracht, weil das Gebiet echt sehr weitläufig ist! 

Aber wir haben auch so lange gebraucht (ihr werdet es nicht glauben), weil wir ewig lange als Fotomodelle missbraucht worden sind *haha*. Schon an der ersten Station, einer Bühne, auf der traditionelle Tanzaufführungen stattfinden, kamen, wie wir das schon kannten, ein paar Eltern mit Kinder auf uns zu, die ein paar Fotos machen wollten... Als die Anderen das jedoch sahen, bildete sich plötzlich eine Menschentraube, um uns herum und alle fingen wie wild an uns zu fotografieren – das war echt ziemlich unheimlich irgendwann und vor allem kamen wir gar nicht mehr weg und von allen Seiten zogen uns Leute zu sich, um ein Foto zu machen. Und dieses Phänomen wiederholte sich ständig, sobald wir irgendwo stehenblieben, aber wenn wir durch die Gegend liefen, haben uns nur ganz vereinzelt Leute angesprochen... So haben wir immer versucht in Bewegung zu bleiben, was auch die meiste Zeit gut funktioniert hat! Ganz zum Schluss jedoch wurden wir fast 20min am Stück aufgehalten und uns beiden taten schon richtig unsere Gesichtsmuskeln vom Lächeln weh!!! Ich kann schon gar nicht mehr zählen, wie viele Fotos wir mit fremden Erwachsenen und Kindern gemacht habe und wie viele uns plötzlich ihr Baby einfach ein den Arm gedrückt haben – einfach verrückt und ,wie ich finde, auch ziemlich verantwortungslos... Das war uns Beiden dann doch etwas viel und wir finden das zwar nicht schlimm mal das ein oder andere Foto zu machen, aber sowas muss ich nicht noch einmal erleben! 

 

Naja, insgesamt muss man aber auch sagen, dass Luoyang zwar von chinesischen Touristen besucht wird, aber ich habe während des gesamten Aufenthalts nur 2 weitere „Ausländer“ gesehen – also eine echte Seltenheit hier... Wie schon am Anfang gesagt, in Luoyang zu sein fühlt sich so an, als ob man in einer chinesischen Kleinstadt wäre, d.h. von Großstadtkomfort, westliche Lebensweise etc. ist hier Fehlanzeige. Sogar der Flughafen war ein richtiger Provinzflughafen (sogar ohne McDonalds, Starbucks... ;))! Und da mussten wir leider einen ganzen Tag warten, weil unser Flug insgesamt 5 Stunden Verspätung hatte... Etwas unglücklich gelaufen, aber immerhin sind wir noch vom Flughafen am Abend weggekommen!!!

 

Nochmal zurück zur Stadt Luoyang... Wer einmal das Gefühl für eine typisch chinesische Stadt bekommen möchte, ist hier ganz richtig aufgehoben... Denn sind wir mal ganz ehrlich, Shanghai, Chengdu, Xi’an bilden die Ausnahmen in China und nicht die Regel!!! Nicht Reichtum, sondern Armut sind vorherrschend in China und das ist mir jetzt bei diesem Stopp richtig bewusst geworden, denn in Louyang ist nicht Alles in Glitzer-und-Glamour getaucht. Das ist mir zwar schon vorher bewusst gewesen, aber da ich ja praktisch immer nur auf der Seite „der Reichen“ stand und mich (zwar unbewusst aber dennoch) abgeschottet habe von der ärmeren Bevölkerung, ist die Armut, die in China herrscht ziemlich weit aus meinem Sichtfeld verdrängt worden... Also insgesamt doch noch eine wertvolle Erfahrung, die ich einmal gemacht habe bevor ich bald nun China verlassen werde! 

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